Tee und Kekse

Der Boden ist weich. Das Schneetreiben der letzten Tage gibt jedem Schritt ein federndes, sanftes Gefühl. Neben ihr geht er! Rechts neben ihr. Vertraut. Er denkt nach. Hin und wieder hebt er seinen Kopf und schiebt seine Brille nach hinten. Eine dunkelbraune mit dicken Gläsern. Sie passt sich seinem Schritt an. Wartet auf seine warme, weiche Stimme.

„Wie geht es dir?“ Sie: „Ja, … gut!“ Schließlich geht es ihr gut. Knisternder Waldboden, frische Luft. Bäume, dazwischen Spalten, durch die Licht dringt. Ahnung von einem Ziel. Irgendwohin muss der Weg führen. Ein Waldweg mit ihm führt immer zu einem Ziel. Einer Einkehr, einem Haus, in dem ein Freund wohnt. Die zwanzig Jahre dazwischen? Ohne Waldweg? Ohne ihm? Kaum spürbar.

Er: „Wie geht es deinen Kindern?“ Sie: „Ja, auch gut. Sie sind praktisch erwachsen. Leben Welt auf so spannende Art, dass ich selbst kaum mit komme.“

Dann gehen sie wieder eine Weile, atmen Luft. Irgendwo links auf ihrer Waldseite raschelt etwas. Ein Reh, das im Dickicht verschwindet. Die Baumreihen werden immer dünner und am Wegesrand liegen abgeholzte Baumstämme bereit. Es riecht nach Harz. Sie steigt auf einen der Baumstämme und balanciert drüber. Er lächelt mit seinen Augen. Seine Hände verschränkt er im Rücken.

„Dort unten, am Ende dieser Kurve, biegen wir dann hinein, und hinter der Mulde siehst du dann das Kircherl. Dort soll ich nächste Woche eine Lesung halten. Es wird nicht lange dauern. Bestimmt gibt es Tee und Kekse für dich. Und dann gehen wir auch wieder zurück.“

Noch weiß sie nicht, wer sie empfangen wird. Nach ein paar Schritten sieht sie schon ein kleines, weißes schlichtes Kircherl auf einer leicht verschneiten Anhöhe stehen. Spitzer Kirchturm, schwarzes Dach, bunte Fenster, durch die spärliches Licht dringt. Zwischen den beiden, Friede. Stille. Zwanzig Jahre einfach weggewischt. Ihre Herzen schlagen noch immer, Ihre Seelen erkennen: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ (Ludwig Wittgenstein)

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