Zuerst hört sie das Knarren des Bettes. Dann die kleinen Füßchen am Parkettboden. Wie sie immer näher kommen. Im Halbschlaf schaltet sie das Licht ein. Es ist halb drei Uhr nachts. „Ich kann nicht schlafen, Mama“ kriecht unter die Bettdecke ihrer Mutter und schläft kurz darauf auch schon wieder. Die Mutter streichelt zärtlich über ihre blonden feinen Haare und dreht das Licht ab.
Sie muss wohl träumen, die Tochter. Hin und wieder seufzt sie oder murmelt etwas. Dann dreht sie abrupt einen Fuß oder einen Arm in die entgegengesetzte Richtung. Oder knirscht mit den Zähnen. Die Mutter lächelt. Morgen werde ich sie gleich in der Früh erinnern, dass sie die Vitamintabletten nimmt. Der Arzt sagt, da hat sie nur einen Mangel, den holt sie sich aus den Zähnen. Gut, dass sie immer wieder bei der Mutter schläft. Irgendwann wird sie nicht mehr kommen. Nachts um halb drei.
Irgendwann ist heute. Das Meer trennt sie voneinander. Nachts um halb drei lauscht die Mutter in die Stille hinein. Sieht aus dem Fenster den Mond und die Sterne an. Schickt Gedanken. Hofft auf ein unsichtbares Band. Und, dass irgendjemand bei ihr ist, zu dem sie ins Bett kriechen kann. Der ihre Hand hält. Ihr über den Kopf streichelt. Lächelt, wenn Fuß, Arm oder Hand schnelle Bewegungen machen. Ihr erzählt, wenn sie mit den Zähnen knirscht. Und ihr sagt, wie schön sie ist!
Möge sie auch heute die Hand ihrer Mutter, den offenen Raum, die Nähe spüren. Denn über dem großen weiten Meer, in einem anderen Land, steht ein Bett, das knarren würde. Und noch immer würde sie dort mit ihren nun großen Füssen über den Parkettboden gehen. Nur das Licht würde sich anders anfühlen. – Nachts um halb drei, wenn sie die Bettdecke zur Seite schiebt.